Hast du dir diese Frage einmal gestellt? Und wenn ja, was war deine Antwort und warum? Und hast du da vielleicht nicht noch jemanden vergessen?
Kennst du Menschen, die ständig darauf bedacht sind, dass es anderen gut geht? Die ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellen, nur damit andere glücklich und zufrieden sind? Obwohl sie unter den Folgen ihrer Zugeständnisse, Versprechen oder Handlungen leiden und unglücklich sind? Sich teilweise Wochen lang Gedanken machen, ob es nicht doch „zu viel“ wird oder wie sie „das alles schaffen“ sollen?
Insbesondere Frauen sind für dieses Phänomen sehr anfällig. Erst kürzlich war eine Klientin bei mir, die sehr erbost über ihren Sohn war. Ihr Sohn hat wie so oft mit der Hilfe seiner Mutter geplant und Besuch zu sich nach Hause eingeladen, den er definitiv aufgrund der Personenzahl nicht bei sich hätte unterbringen können. Die Mutter wollte Ihrem Sohn – wie immer – helfen und hat zugesagt, dass ein Teil der Besucher bei ihr schlafen kann – obwohl! Und jetzt aufpassen: Sie eigentlich selbst sehr viel um die Ohren hat und derzeit sehr ruhebedürftig ist. Der Sohn hat natürlich gerne angenommen und weil er seine Mutter kennt, schon fest mit dem Angebot gerechnet.
Vielleicht hätten die Besucher doch alle bei Ihrem Sohn schlafen können. Dann eben etwas unbequemer auf Matratzen, aber das “kann man denen ja nicht zumuten“. Die Mutter kann sich die Arbeit aber sehr wohl zumuten, obwohl sie derzeit sehr mit ihren Kräften haushalten muss?!
Mit gesundem Abstand hätte sie sagen können, dass sie nicht zur Verfügung steht und dass der Sohn seinen Besuch allein unterbringen und versorgen soll.
Das viel zitierte Ende vom Lied war, dass die beiden Streit bekommen haben, weil der Mutter der Besuch über den Kopf gewachsen ist und sie ihrem Sohn Vorwürfe gemacht hat. Und von diesem Vorwurf und gegenseitigen Schuldzuweisungen waren die beiden ganz schnell beim Eingemachten. In einem handfesten Streit mit Worten, die richtig wehtaten. Muss es denn erst soweit kommen?
Ich denke, im Endeffekt hätten beide mehr davon gehabt, wenn die Mutter herzlich aber bestimmt erklärt hätte, dass sie derzeit nicht mit einspringen kann, vielleicht aber zu einem späteren Zeitpunkt. Und an sein Verständnis appellieren. Und das nennt sich dann Selbstliebe.
Wenn du selbst nicht auf deine Bedürfnisse achtest, dir keine Pausen gönnst, weil du meinst, du müsstest noch dies und das für andere Personen tun, oder weil sonst die Nachbarn reden oder was auch immer. Oder du kannst eine Entscheidung nicht treffen, die für dich die Beste wäre, allerdings für andere -wenn auch nur minimal – ungünstig.
Dann darfst du einmal genauer hinsehen, woher dieser innere Antreiber, dieses Programm eigentlich kommt. Und warum du dir nicht zugestehst, dass du für dich das tust, was du auch anderen ermöglichen würdest.
Denn was ist die Folge, wenn du über längere Zeit gegen deine Wünsche und Bedürfnisse lebst?
Irgendwann kommt der Punkt, an dem du dich ausgebrannt und fertig fühlst. Und dann suchst du wahrscheinlich in der Regel nicht bei dir das Problem, sondern bei den anderen. Die so gerne angenommen haben, was du zu geben hattest. Dies belastet deine Beziehungen und ist vermutlich schlimmer, als wenn du zum rechten Zeitpunkt ein Stopp-Schild hochgehalten hättest.
Und natürlich sollst du nicht zu einem total egoistischen Menschen werden, der selbstsüchtig ist und nur seinen eigenen Vorteil im Blick hat. Davon sind die meisten von uns glücklicherweise meilenweit von entfernt.
Nein, es geht darum, für dich selbst gesunde Grenzen zu setzen.
Genau zu überlegen, wie du deine Zeit einteilen und was du erleben, erreichen, machen möchte.
Musst du wirklich eine alte Freundin anrufen, wenn dir eigentlich danach ist, dein Buch fertig zu lesen?
Musst du wirklich immer springen, wenn jemand etwas von dir möchte?
Ist es wirklich nötig, alle Dinge im Leben wenn möglich in Perfektion zu betreiben, nur damit von außen Lob und Anerkennung kommt?
Nimm dir Zeit für dich selbst. Wenn es nicht anders geht, trage dir einen Termin nur für dich in den Kalender ein. Einmal in der Woche für zwei Stunden zum Beispiel. Wo du die Dinge tun kannst, die dir am Herzen liegen.
Lerne auch einmal nein zu sagen. Du kannst vielleicht mit kleineren, unwichtigen Dingen anfangen, z.B. in dem du Tante Erna sagst, dass du kein drittes Stück Kuchen möchtest, anstatt es in dich hineinzustopfen, aus Sorge, dass Tante Erna sonst enttäuscht sein könnte. Und dich dann weiter vorarbeiten. Du wirst sehen, es ist gar nicht so schwer und fühlt sich gut an. Und zu deiner Überraschung wirst du feststellen, dass die Reaktion deines Gegenübers ganz anders ausfallen wird als erwartet. Wenn du aus deinem alten Muster aussteigst, verändern sich auch die Menschen um dich herum. Insbesondere in der Art und Weise, wie sie mit dir umgehen.
Erstelle dir eine Liste mit allen Dingen, die dich glücklich machen und die dir gut tun. Und versuche am Tag mindestens eine Kleinigkeit davon einzubauen. Eine kleine Teepause ,ein Spaziergang in der Sonne in deiner Mittagspause, eine Auszeit zum Durchatmen oder stell dir, wenn du allein bist dein Lieblingslied auf „volle Pulle“ und tanze durch die Wohnung. Was auch immer. Tu mehr von dem, was dich glücklich macht!
Und denke immer daran – Der wichtigste Mensch in deinem Leben bist du!
Wenn es dir gut geht und du in Balance bist, dann kannst du auch für andere da sein.
Ich drücke dir die Daumen und wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren und Entdecken.
Deine Nadine